10 Jahre Sozialforum Göltzschtal - kein Grund zum Feiern
Eigentlich ein komischer Titel für eine Jubiläumsveranstaltung. Noch dazu, wo in keinem anderen Kreis in Sachsen so häufig und kontinuierlich von der LINKEN und einer Arbeitsloseninitiative Veranstaltungen organisiert wurden, in den vor allem Hartz IV-Betroffene, aber auch Sozialhilfeempfänger und Rentner über ihre Rechte informiert wurden. Trotzdem kein Grund zum Feiern, denn Hartz IV existiert noch, mit einigen Verbesserungen, aber auch mit vielen Verschärfungen seit 2005.
Edith Franke, die "Mutter der sächsischen Tafeln", hat einen Betroffenen einmal so zitiert: "Dass ich wenig Geld habe, ist schlimm, aber dass die Leute mit dem Finger auf mich zeigen, ist unerträglich."
Hartz IV-Empfänger werden doppelt diskriminiert: einmal durch die Jobcenter, die auch Leuten, die bereitwillig alle Forderungen erfüllen, gleich einmal mit einem Strafverfahren drohen, und durch die öffentliche Meinung: Arbeit gäbe es genug, wer arbeitslos ist, wolle nicht arbeiten.
Wie ist die Wirklichkeit:
Im Vogtland sind monatlich derzeit meistens etwa 8.500 Bürger offiziell arbeitslos gemeldet, dazu gehören etwa 4.000 bis 4.500 Aufstocker, also Leute, die arbeiten, aber von ihrem Verdienst nicht leben bzw. ihre Familie nicht ernähren können und deshalb ergänzend Hartz IV erhalten. Auch viele der Nichtaufstocker arbeiten geringfügig, denn ein Verdienst bis 100 € im Monat wird auf das ALG II nicht angerechnet.
Durchaus nicht jeder, der sich um eine freie Arbeitsstelle bemüht, erhält die Stelle. Dazu einige Beispiele aus meinen Beratungsstunden: Zwei Bewerberin bekommen gesagt, sie seien zu klein, um im Supermarkt Regale aufzufüllen, eine 60 jährigen mit gelegentlichen Rückenproblemen wird abgelehnt, weil sie die harten Normen in der Reinigungsdienstleistung absehbar nicht erfüllen kann, eine Auerbacherin kann eine angebotene Stelle bei einem Schönheider Bäcker nicht annehmen, weil sie kein Auto besitzt (ist im ALG II auch nicht vorgesehen), und öffentliche Verkehrsmittel nicht so fahren, dass sie früh zwei Uhr auf der Arbeit sein kann (der frühe Arbeitsbeginn ist kein Problem für sie), eine alleinerziehende Mutti mit Kleinkind ohne Eltern in der Nähe muss eine Arbeit mit Schichtbetrieb ablehnen.
Verheerend wirkt sich auch das allgemeine gesellschaftliche Wertebewusstsein aus: Der Wert eines Menschen wird heute allgemein bestimmt durch das, was er hat: ein großes Auto, ein attraktives Eigenheim, Markenkleidung, das neueste Handy usw. Kinder von Hartz IV-Empfängern können da nicht mitkonkurrieren, auch wenn ihre Eltern auf vieles verzichten um ihren Kindern noch mit Geld ihrer Regelleistung Sachen kaufen zu können. Solidarität? Fehlanzeige. Humanität? Nicht mehr modern.
Kathrin Kosche vom Sozialforum Göltzschtal zeigte in Wort und Bild, wie sie versucht, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihr Leben trotz Hartz IV sinnvoll zu gestalten: durch Sport - wenn sie nach dem 24-Stundenlauf in Reichenbach auf dem Siegertreppchen steht, gibt ihr das Kraft für viele Wochen, oder sie tankte Kraft bei einer Fahrradtour ins unbekannte Schweden. Wichtig ist dabei nicht nur das Erlebnis der erbrachten Leistung, sondern genauso bedeutsam sind die Gespräche mit Sportfreunden und Helfern. Ihr Fazit: sich nicht verkriechen, sich nicht aufgeben, Freunde unter Gleichgesinnten suchen!
Das Sozialforum Göltzschtal und die Partei DIE LINKE möchten dabei helfen!
Kategorien: DIE LINKE. Vogtland