15. May 2014

AG Kommunalabgaben bei der Partei DIE LINKE Vogtland

Forderungen an die sächsische Landesregierung und an den ZWAV zur dezentralen Abwasserbeseitigung in Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG

  1. Grundsätzlich fordern wir, dass die EU-Wasserrahmenrichtlinie so umgesetzt wird, dass die Lebens- und Existenzbedingungen im ländlichen Raum für alle Betroffenen gewahrt werden. Eine weitere Landflucht ist zu verhindern.

  1. Der Termin für die Anpassung der Abwasserbeseitigung nach dem Stand der Technik ist in begründeten Fällen gestaffelt bis 2021 bzw.2027 zu verlängern, denn

  • die EU-Wasserrahmenrichtlinie (Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG) legt in Artikel 4 Abs.1 zwar fest, dass die Voraussetzungen für Schutz, Verbesserung und Sanierung aller Oberflächengewässer und des Grundwassers bis Ende 2015 (15 Jahre nach Inkrafttreten der EU-Wasserrahmenrichtlinie) zu erreichen sind, gestattet aber in Artikel 4 Abs.4a für bestimmte Situationen eine Terminverlängerung bis 2021 bzw. 2027.

§ 4 Abs. 4a gibt folgende Gründe für diese Fristverlängerung an, sie sind für eine beantragte Terminverlängerung zu berücksichtigen:

  • Der Umfang der erforderlichen Verbesserungen kann aus Gründen der technischen Durchführbarkeit nur in Schritten erreicht werden,

  • die Verwirklichung der Verbesserung innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens würde unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen,

  • die natürlichen Gegebenheiten lassen keine rechtzeitige Verbesserung zu.

  • Derzeit sind im Vogtlandkreis im Bereich des Abwasserzweckverbandes Vogtland (ZWAV) etwa 9.000 Grundstücke mit dezentraler Entwässerung noch nicht entsprechend dem Stand der Technik ausgerüstet, bei Einhaltung des geforderten Termins müssten täglich etwa 18 Anlagen abnahmebereit fertiggestellt werden. Das halten wir für nicht realisierbar.

  1. Eine Überschreitung des Termins 31.12.2015 gilt in den Fällen, für die die im Artikel 4 Abs. 4a EU-Wasserrahmenrichtlinie genannten Bedingungen zutreffen, nicht als Ordnungswidrigkeit oder Straftatbestand und darf deshalb weder mit einer Strafe belegt werden, noch dürfen Fördermittel gekürzt oder verweigert werden. Auch Ersatzvornahmen sind auszuschließen.

  1. Der ZWAV unterstützt weiterhin betroffene Bürger bei der Errechnung der wirtschaftlichsten Lösung für die Abwasserbeseitigung nach Stand der Technik unter den jeweiligen örtlichen Bedingungen (private Kleinkläranlage, private Gruppenkläranlage, öffentliche Gruppenkläranlage, abflusslose Grube, Pflanzenkläranlage, zentraler Anschluss; Anschluss an Abwassernetze des ZWAV oder Versickerung). Bei Errichtung einer öffentlichen Gruppenkläranlage und bei zentralem Anschluss gewährt der ZWAV Einsicht in die Kostenberechnung.

  1. In Sondergebieten, z.B. ehemaligen Bergbauregionen, ist unter Berücksichtigung der Fördermittelgewährung differenziert für die einzelnen Grundstücke die wirtschaftlichste genehmigungsfähige Lösung zu ermitteln. Hier wie auch generell sind Abweichungen vom Abwasserbeseitigungskonzept des ZWAV zu akzeptieren, wenn nachhaltig wirtschaftlichere Alternativen vorgeschlagen werden.

  1. Nach dem Vorbild des Freistaates Bayern erhalten Eigentümer abgelegener landwirtschaftlicher Höfe die Genehmigung, ihr in 3-Kammer-Klärgruben gereinigtes Abwasser in Jauchengruben einzuleiten und den Vorschriften gemäß auf ihre Felder zu verbringen.

  1. Die Verantwortung für sogenannte Bürgermeisterkanäle (bei Verrohrung öffentliche Übertragung an den ZWAV, ohne Verrohrung möglicherweise zur Sanierung Verbleib bei der Gemeinde), ist zeitnah zu klären, wo das noch nicht erfolgte. Wenn Anträge auf Anschluss bei Errichtung einer vollbiologischen Kleinkläranlage wegen diesbezüglicher fehlender Klärung bzw. noch nicht erfolgter Kanalsanierung derzeit nicht bearbeitet werden, gilt für die betroffenen Bürger zunächst der gleiche rechtlich gesicherte Ausnahmetatbestand wie für Bürger, deren zentraler Anschluss für den Zeitraum bis 2020 vorgesehen ist.

  1. Grundstückseigentümer und ihre Familien, deren Einkommen unter dem Existenzminimum liegt und die aus diesem Grund Sozialgeld, Grundsicherung im Alter oder ALG II (Hartz IV) beziehen, erhalten nach einer Einzelfallprüfung die Kosten für die Anschaffung bzw. Aufrüstung einer vollbiologischen Kleinkläranlage zumindest teilweise als einmaligen Bedarf für die Aufwendungen der Unterkunft vom Sozialamt bzw. dem Jobcenter erstattet (vgl. Schreiben der 2. Beigeordneten des Landrates vom 04.12.2013 an Dr. D. Wolff).

  1. Besitzer einer abflusslosen Grube, die Sozialgeld, Grundsicherung im Alter oder ALG II beziehen, erhalten die Kosten für die Grubenleerung erstattet, sofern nach Umrechnung auf monatliche Leerungskosten die Angemessenheitsrichtwerte für die monatliche Bruttokaltmiete nicht überschritten werden.

  1. Grundstückseigentümer mit niedrigem Einkommen und ohne ausreichendes Vermögen erhalten für den Bau einer vollbiologischen Kleinkläranlage bzw. deren Umrüstung nach der Härtefallregelung des Sächsischen Umweltministeriums einen zinsgünstigen Kredit von der Sächsischen Aufbaubank (Zinssatz 0,99%, Laufzeit 10 Jahre, siehe FP vom 20.02.2014), ohne dass sie ihren Anspruch auf Fördermittel (1.500 € für Neubau, 1.000 € für Nachrüstung bis zu 4 EW) verlieren

  1. Für Grundstücke, für deren Abwasserbeseitigung nach Stand der Technik auf Grund ihrer Lage auch bei der wirtschaftlichsten Lösung überdurchschnittlich hohe Kosten entstehen, sollen außer der Realisierung der unter Nr. 10 genannten Forderungen die Fördermittel erhöht werden, wenn der betroffene Grundstückseigentümer zur Finanzierung nicht in der Lage ist.

  1. Die strikte Forderung der EU nach Abwasserreinigung nach Stand der Technik ist vor allem der Verantwortung für die Gewässerreinhaltung geschuldet. Gewässer werden aber nicht unerheblich auch durch Schadstoffeinträge aus der Landwirtschaft verunreinigt. Um eine Verhältnismäßigkeit in den Forderungen an betroffene Bürger herzustellen, sind für den Bereich der Landwirtschaft geeignete Maßnahmen zu planen und umzusetzen, für den Bereich der Haushalt-Abwasserbeseitigung in begründeten Fällen Ausnahmen zu genehmigen.

Dr. Dorothea Wolff       Volker Mieth      Gertraude Reichstein

Kategorien: DIE LINKE. Vogtland, Kommunalpolitik